Sachbezogene Ausleuchtung des Themas

Hier wird versucht die Aare in ihrer Komplexität etwas greifbarer zu machen, zu verstehen und Möglichkeiten zu finden, wie sie in den Schulunterricht einbezogen werden kann. Dadurch soll das gesamte Potential, welches dieses Thema in sich birgt, sichtbar werden. Um eine Ausleuchtung des Themas vorzunehmen, wird dieses aus verschiedenen Blickwinkeln und mit unterschiedlichen Interessen betrachtet. Ich stütze mich hierbei auf das Perspektivenmodell des Fachbereichs NMM (vgl. Adamina/Müller 2010: 8 f.), dieses unterscheidet vier Kategorien.

Natur und Technik

Das Hauptaugenmerk beim Thema Aare liegt sicherlich auf dieser Perspektive und dabei hauptsächlich im Bereich Natur. Auf ihrem Weg sind vielfältigste Phänomene anzutreffen, wie die Aare die Landschaft gestaltet. Die wichtigsten zwei davon sind die Erosion und Sedimentation. Indem die Aare Gesteinsmaterial an gewissen Stellen abträgt und an anderen ablagert gestaltet sie die Landschaft aktiv um. Die Auswirkungen sind jedoch sehr unterschiedlich und reichen von kleineren Kiesverschiebungen bis zur Bildung von Mäanderschlaufen (z.B. Aarelauf zw. Büren und Solothurn) und Klammtälern (z.B. Aareschlucht). Der Lebensraum, der durch die Aare geschaffen wird ist sehr vielfältig und auch von Region zu Region unterschiedlich. Sie bietet die Grundlage für zahlreiche Pflanzen und Tiere, welche den Fluss als Lebensgrundlage benötigen. Besonders zu erwähnen sind dabei die Auengebiete, die zwar nur 0.3% Prozent der Landesfläche bedecken, jedoch 40% der einheimischen Pflanzen beherbergen (vgl. Althaus/Flory 2003: unpag.).

 

Öffnen wir den zeitlichen Horizont etwas ist zudem die Veränderung seit der letzten Eiszeit ein Thema. Noch heute sind die Spuren des damaligen Aaregletschers in Form von Findlingen, Moränen und ausgeschliffenen Tälern zu sehen. In der letzten Eiszeit erstreckte sich der Aaregletscher vom Finsteraarhorn bis ins Mittelland und füllte das ganze Tal mit Eis und Schutt auf. Heutzutage ist der Aaregletscher bedeutend kleiner, jedoch als Ursprung der Aare von unermesslicher Wichtigkeit.

 

Aus technischer Sicht sind vor allem zwei Themenfelder zu erwähnen. Zum einen dient die Kraft des Wassers als Antrieb zahlreicher Maschinen. Waren es früher vor allem Mühlenräder, welche durch Wasserkraft angetrieben wurden ist diese Technik heutzutage fortgeschritten, indem Turbinen angetrieben werden und die Energie in Form von Strom an die jeweiligen Orte geliefert wird. Auf der anderen Seite ist die technische Perspektive dort elementar, wo der Mensch in den natürlichen Verlauf des Flusses eingriff oder immer noch eingreift. Dies geschah früher im grossen Stile zum Beispiel bei der Juragewässerkorrektion oder auch beim Kanderdurchbruch. Aber auch heute noch wird entlang der Aare fleissig gebaut: zahlreiche Hochwasserschutzmassnahmen, oft im Zusammenhang mit Revitalisierungs- und Renaturierungsprojekten, sind im Gange.

Raum und Zeit

Die geografische Perspektive wird durch die verschiedenen Räume aufgegriffen, welche die Aare durchfliesst. Die Aare bildet den wasserreichsten innerhalb der Schweiz fliessenden Fluss. Ihre Quelle entspringt im Grimselgebiet beim Ober- und Unteraargletscher und mündet 288 km später in den Rhein. Sie fliesst insgesamt durch 3 Kantone: Bern, Solothurn und Aargau. Dabei durchfliesst sie ganz unterschiedliche Räume: von der Berglandschaft, durchs Haslital in die Berner Oberländer Seen und weiter Richtung Mittelland. Dort fliesst sie durchs flache Seeland, wo der Hauptlauf durch die Juragewässerkorrektion in den Bielersee geleitet wird. Aus dem Bielersee fliesst sie dem Jurasüdfuss entlang, vereint sich im sogenannten Wasserschloss der Schweiz mit den Flüssen Reuss und Limmat, bevor sie in Koblenz in den Rhein mündet.

 

Aus historischer Perspektive betrachtet, bietet die Aare ebenfalls verschiedene Aspekte, welche zu beachten sind.

 

Die Beziehung, welche die Menschen zur Aare aufbauten, änderte sich über die Jahrhunderte stets. So war die Aare für die Helvetier ein schwer zu überwindendes Hindernis, welches zugleich Schutz bot um z.B. die Siedlung Brenodurum (auf der Engehalbinsel) zu beschützen. Dieser Schutz war auch im frühen Mittelalter bei der Stadtgründung Berns noch mitentscheidend. Vermehrt wurde der Fluss aber auch als Transportweg für Schiffe benutzt. Nebst dem Transportweg war die Aare aber auch eine Gefahr durch ihre Hochwasser und Krankheiten (z.B. Malaria), welche sich in den Feuchtgebieten entwickelten. Für die wachsende Industrie war die Aare und deren Wasserkraft von entscheidender Bedeutung. Zahlreiche Staudämme entlang der Aare zeugen auch heute noch von der Wichtigkeit der Wasserkraft als Energieträger. Heutzutage wird die Aare zudem vermehrt als Freizeit- und Erholungsort genutzt.

Wirtschaft, Arbeit, und Alltagsgestaltung

Aus dieser Perspektive wird vor allem der Mensch und seine Nutzung der Aare betrachtet. Die Aare ist für die Menschen in ihrem Einzugsgebiet von grösster Bedeutung, um ihre Alltagsbedürfnisse zu stellen. Sie liefert mit der Wasserkraft Strom, durch Grundwasserfassungen werden die Haushalte mit Trinkwasser versorgt und das Abwasser nach der Reinigung wieder der Aare zugefügt. Die Aare bildet die wirtschaftliche Grundlage für zahlreiche Menschen. So z.B. die Kraftwerke Oberhasli, welche nur dank der Wasserkraft der Aare existieren und mit 530 Angestellten einer der grössten Arbeitsgeber des Haslitals sind. Ebenfalls von der Aare abhängig ist die Tourismusbranche, so zum Beispiel das „Touristenmekka“ Interlaken, welches zwischen zwei von der Aare gespeisten Seen liegt, aber auch die Schifffahrt auf den Seen und der Aare zwischen Biel und Solothurn, sowie zahlreiche Campingplätze und Hotels an Fluss- und Seeufern.

Ethik/Gesellschaften/Religionen

Die Aare bietet ebenfalls Grundlage für ethische Auseinandersetzungen. Gerade dort wo verschiedene Interessen aufeinander treffen ergeben sich Konflikte. Zwischen den verschiedenen Konfliktparteien braucht es oft lange Verhandlungen. So muss zum Beispiel im Zusammenhang mit dem Hochwasserschutz diskutiert werden, wie viel dieser kosten darf, welches Land es zu schützen gilt und wie weit die Natur dadurch beeinträchtigt wird.

Da die Aare vermehrt zum Freizeitraum wird, bieten sich auch Probleme. Lärm, freilaufende Hunde oder liegengelassener Abfall beeinflussen das Ökosystem. Es stellt sich daher die Frage, welche Gebiete unter besonderen Schutz gestellt werden und welche Flussabschnitte dem Erholungsbedürfnis des Menschen dienen sollen.

Grimselgebiet
Grimselgebiet
Hasliaare bei Brienz
Hasliaare bei Brienz
Renaturierte Hunzigenau
Renaturierte Hunzigenau
Hagneckkanal
Hagneckkanal
Mündung in den Rhein bei Koblenz
Mündung in den Rhein bei Koblenz